92
§ 44. Das Königreich Großbritannien und Irland.
Fischfang, besonders sehr ergiebigen Heringsfang, und Vogeljagd, sie
bilden sich zu vorzüglichen Matrosen aus.
4. Bevölkerung. Die Bewohner Englands sind fast durchweg
germanischer Abkunft, die Nachkommen der Angelsachsen, welche im
5. Jahrhundert das von den Römern aufgegebene Land eroberten und
die Urbewohner, die keltischen Briten, verdrängten. Ihre Sprache ist
also eine germanische, aber sie ist stark beeinflußt, besonders im Wort-
schätz, durch das Französische, welches Wilhelm der Eroberer und seine
Normannen (1066) mitbrachten. Im ganzen Mittelalter waren die
Engländer fast ausschließlich ein Ackerbau treibendes Volk, das aus den
innern Kämpfen der reichen Lords und den Eroberungen in Frankreich
unter den Herrscherhäusern der Plantagenets, Lancaster und Jork erst
allmählich erstarkte. Der Handel lag in den Händen der seegewaltigen
Hansa, welche in London den Stahlhof besaß. Erst nach der Entdeckung
Amerikas, besonders N.-Amerikas, wuchs unter den Tudors, vor allem
der energischen Königin Elisabeth (1558 — 1603) die Seemacht, die sich
in den Kämpfen mit Spanien bewährte. Zu Anfang des 17. Jahr-
Hunderts wurden unter den Stuarts die drei Königreiche England,
Schottland und Irland vereinigt. Durch Erwerbung zahlreicher Kolonien
in allen Weltteilen ist dann Großbritannien die erste Seemacht der Welt,
die englische Sprache eine Weltsprache geworden. Die Vermischung des
Blutes und die glänzende Entwicklung ihres Reiches haben den Charakter
der Engländer geprägt: sie sind praktische Geschäftsleute, gewandt und
beharrlich in ihren Unternehmungen, abgeschlossen und kühl gegen Fremde,
die irgendwie ihre Bestrebungen kreuzen, stolz auf sich und ihr Vaterland.
Die Ausbildung der Jugend ist daher vorwiegend auf das Praktische
gerichtet, das Schulwesen der unteren Volksschichten liegt allerdings sehr
im argen, so daß es viele Analphabeten gibt. Dem religiösen Bekennt-
nisse nach gehören die Bewohner zu 2/3 der anglikanischen oder bischös-
lichen (evangelischen) Kirche an, doch gibt es eine Menge Sekten; die
Schotten sind Presbyterianer, Irland ist überwiegend katholisch.
5. Staat und Städte. Die Britischen Inseln bilden ein
Königreich, in dem auch die weibliche Linie erbberechtigt ist. Der König
trägt zugleich den Titel „Kaiser von Indien". Seine Macht ist durch
die Vertretung des Volkes, das Parlament, sehr beschränkt; es besteht
aus dem Oberhaus (The House of the Lords) und dem Unterhaus
(The Commons). Diese konstitutionelle Verfassung ist das Vorbild für
alle andern geworden.
A. England, politisch in 52 Grafschaften oder Shires ein-
geteilt.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Irland Englands Frankreich London Stahlhof Amerikas Spanien England Schottland Irland Irland Oberhaus_(The_House England
\
Gesellschaftlicher Zustand. 7
3. Der Aethiopische Stamm nimmt vom Fuße der
Mondgebirge, von den Quellen des Nils aus allmälig das
nördliche und südliche Afrika in Besitz und mischt sich in
Nubien und Aegypten mit dem aus Asien übergesetzten
semitisch-kaukasischen Stamme.
§. 3.
Entwickelung des gesellschaftlichen Zustandes der Menschen.
Die Natur mit ihren Geschöpfen an der Hand der gött-
lichen Vorsehung war die Erzieherin der ersten Menschen.
Roh als Hölenbewohner, jedoch begabt mir der geistigen
Fähigkeit sich äußerlicher Wahrnehmungen bewußt zu werden,
und durch Sprache artikulirte Töne hervorzubringen, lernen
sie bald die sie umgebenden Thiere kennen und für sich benutzen.
Das Leben des Hirten beginnt, und wird durch die Noth zu
jenem des Nomaden geleitet. Da geht der Geist rasch in
seiner Entwickelung vorwärts; mancherlei Erfindungen und
Entdeckungen werden gemacht, und liebgewonncne Gegenden
führen allmälig zum Ackerbau, zu festen Ansiedelungen. Mehre
Familien schließen sich an einander, vermehren sich, es ent-
stehen Stämme, Dörfer, Städte, Genossenschaften. Die
Familienväter sind die Berather und Führer, — Patriar-
chalische Verfassung. Doch auch Zwiespalt erhebt sich unter
ihnen, oder mit benachbarten Stämmen; der Stärkere zeichnet
sich aus im Kampfe; die Schwächeren bewundern ihn, oder
unterliegen seiner Gewalt; sein Ansehen dauert auch im
Frieden fort; er ist der Erste, ein Fürst unter ihnen. So
bilden sich die Herrscher an der Spitze der einzelnen Stämme,
bald mit größerer, bald mit geringerer Macht ausgerüstet,
je nachdem der Umfang ihrer Herrschaft eine größere oder
geringere Ausdehnung bat, oder je nachdem sie mehr oder
weniger durch andere Häupter ihrer Stämme, oder durch die
gesammtcn Glieder derselben in ihrer Herrscher-Gewalt ein-
geschränkt sind; cs entstehen allmälig monarchische, aristo-
kratische, republikanische, demokratische Versas-
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36 Ausbreitung der Reformation.
lichkeit von England hinstellte. Er zog die reichen Kirchengüter für sich ein und gestaltete die Kirchenverfassung um; aber die Lehren der katholischen Kirche behielt er zum größten Theile bei. So ward in England die Reformation von oben befohlen, während sie in Deutschland von dem innersten Kern des Volkes ausging. Erst unter Heinrichs Sohn Eduard Vi. (1547—1553) wurde die Reformation soweit durchgeführt, daß die anglikanische Kirche als eine protestantische betrachtet werden konnte.
Von Deutschland aus verbreitete sich der Protestantismus in Schweden, wo Gustav Wasa, der das Land von der Herrschaft der Dänen befreit hatte und zum König gewählt worden war (1523), nach persönlicher Rücksprache mit Luther die lutherische Religion zur Staatsreligion erhob. Dasselbe geschah in Dänemark und Norwegen. Im Allgemeinen kann man sagen, daß der Protestantismus seinen fruchtbarsten Boden bei den germanischen Völkern gefunden hat, in Deutschland und der Schweiz, in Holland, England, Dänemark, Norwegen und Schweden. Der römische Katholicismus wird vorzugsweise vertreten von den romanischen Völkern Europas, Italienern, Franzosen, Spaniern, Portugiesen. Bei den slavischen Völkern im Osten Europas, Russen n. s. f., ist die griechisch-katholische Kirche vorherrschend.
Iy. Der Mauernkrieg. Die Wiedertäufer in Münster.
1525. 1534.
In der Mitte der zwanziger und der Mitte der dreißiger Jahre entstanden in Deutschland verderbliche Empörungen und Ausstände, welche zum Theil wenigstens mit der Reformation zusammenhingen. Im Jahre 1525 brach der s. g. Bauernkrieg aus. Die Bauern lebten schon seit langer Zeit unter furchtbarem Druck der Fürsten, des Adels und der Geistlichkeit, die sie unter Verachtung aller menschlichen Rechte wie leibeigene Knechte behandelten. Die Bauern mußten schwere Abgaben zahlen, fast die ganze Woche srohnden,
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs Eduard_Vi Eduard Gustav_Wasa Gustav
Extrahierte Ortsnamen: England England Deutschland Deutschland Schweden Dänemark Norwegen Deutschland Schweiz Holland England Dänemark Norwegen Schweden Europas Europas Deutschland
90
Die außereuropäischen Erdteile.
b) Territoriale Entwicklung und Bevölkerung. Im 16. und im 17. Jahr-
hundert gründeten europäische Einwanderer, zuerst vornehmlich Franzosen, dann
Engländer, Niederlassungen an der Ostseite Nordamerikas. Diese kamen nach
und nach in britischen Besitz. Unzufriedenheit mit der Herrschaft des Mutter-
landes führte zu dem 7 jährigen nordamerikanischen Freiheitskriege. Als nach
dessen Beendigung im Jahre 1783 England den damals bestehenden 13 Staaten
die Unabhängigkeit zugestand, zählten sie nur 3 Mill. Einwohner. Diese drängten
allmählich die Indianer und Mexikaner zurück und besiedelten zuerst das Gebiet
48. Eisenbahn in Utah: Schleife bei Eureka. Sali Lake ttitt), der Mittelpunkt des Staates Utah,
ist durch mehrere sehr kühn angelegte Eisenbahnen mit den hoch im Gebirge gelegenen Bergwerksgebieten
verbunden. Unser Bild veranschaulicht eine dieser Gebirgsbahnen, die in vielen Schleifen und Kurven die
starke Steigung überwindet.
des Mississippi, dann die Felsengebirge und zuletzt Kalifornien. Wesent-
lich mitgeholfen haben dabei die Einwanderer, die Europa in steigenden
Mengen verließen Der Hauptstock der Bevölkerung besteht in den Nachkom-
men der englischen Einwanderer, Iankees [jänft§] genannt, und der Iren; etwa
10 Mill. sind deutschen Ursprungs. Aus der bunt zusammengesetzten weißen
Bevölkerung entwickelt sich eine neue Nation2 mit englischer Sprache.
Schwierig ist die Aufgabe der Weißen, sich mit den farbigen Volksteilen
abzufinden, namentlich mit den Negern, die zusammen mit den Mulatten
1 In den Jahren 182t bis 1900 sind 20 Mill. eingewandert, davon kommen 7 Mill.
auf England und Irland, 5 Mill. auf das Deutsche Reich, je 1 Mill. auf Skandinavien,
Italien, Österreich-Ungarn, Rußland usw.
2 Dieses neue Volkstum, das Yankeetum, kennzeichnet sich in den langaufgeschossenen,
hageren Gestalten, in der rastlosen Arbeitsfreude und Arbeitslust, in dem Patriotismus,
der das Niesenreich immer vor Zerfall schützen wird, aber auch in dem rastlosen Streben
noch Gewinn um jeden Preis.
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Extrahierte Ortsnamen: Nordamerikas England Utah Staates_Utah Kalifornien Europa England Irland Deutsche_Reich Skandinavien Italien Rußland
52 Allgemeine Einleitung.
engem Sinne unter Gewerbe nur eine Art derselben, nämlich
die Handwerke begreift, ist bekannt.
§. 144. Der Handel setzt die entferntesten Nationen in
Verbindung, befördert den gegenseitigen Unterricht und Erfin-
dungen, verbreitet neue Kenntnisse und erleichtert dadurch das
Fortschreiten der Handwerke, Künste und Wissenschaften. —
Tauschhandel; Karawanen. — Fabrik-, Handels-
und Seestädte, Stapelplätze, Messen. — Verschiedene
Münzen von Gold, Platina, Silber und Kupfer. Auch
Muschelschaalen, Eisenstangen, Salz und Felle vertreten in
einigen Ländern der Erde die Stelle des Geldes.,
§. 145. Eine sittlich-religiöse Gesellschaft, deren Zweck es
ist, sittliche und religiöse Bildung und Belehrung unter ihren
Mitgliedern zu verbreiten, wird Kirche genannt. Ihr Zweck
ist also von dem des Staates wesentlich verschieden. (§. 128.)
Doch heißen nur die sittlich-religiösen Gesellschaften unter den
Christen Kirchen, nicht aber die der Juden, Muhamedaner
und Heiden. Bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts (1053)
gab es nur eine christliche Kirche; aber hier begann die erste
Trennung der Christen, nämlich in eine morgenländische
(griechische) und eine abendländische (lateinische)
Kirche. An der Spitze jener stand der Patriarch zu Konstanti-
nopel; das Oberhaupt dieser aber war der römische Papst.
Das 16. Jahrhundert (1517) brachte eine neue Trennung
unter die abendländischen Christen, indem ein großer Theil der-
selben sich von Nom lossagte und einen neuen Lehrbegriff an-
nahm; der größere Theil hingegen in dieser Verbindung blieb
und die Lehren beibehielt, die bis dahin gegolten hatten. Ka-
tholische, lutherische, reformirte und anglikanische
Kirche. Die drei letztern werden auch zusammen unter dem
Namen der protestantischen Kirche begriffen. — Kleine
kirchliche Gesellschaften, z. B. die der Quäker, Mennoniten,
Herrnhuther u. s. w. werden nicht Kirchen, sondern Secten
genannt. — Papst, Kardinäle, Patriarchen, Erzbi-
schöfe und Bischöfe in der katholischen, àz4hch4fe,
Bischöfe und Superintendenten in der protestantischen.
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148
nube!") die übrigen Länder sich nach und nach anreihten. Den wichtigsten
Zuwachs bildeten Böhmen und Ungarn, anfangs durch Personalunion
mit den anderen Ländern vereint, später (1724) zu einem Einheits-
staat verbunden. Eine vollständige Verschmelzung ist indessen wegen
der nationalen Gegensätze bis jetzt nicht gelungen; besonders hat Un-
garn eine selbständige Stellung behauptet und diese in den letzten
Jahrzehnten durch weitere Vorrechte (ein ungarischer Reichstag in
Budapest neben dem österreichischen in Wien) neu befestigt.
Als zur Zeit der napoleonischen Gewaltherrschaft das Deutsche
Reich in Trümmer sank, nahm Franz Ii. für die österreichischen Lande
den Kaisertitel an (1894). Seit der größern Selbständigkeit Ungarns
(1868) wurde der Name „Österreich-Ungarn" eingeführt.
Das Land nmfaßt (mit Bosnien und der Herzegowina) 677 000 qkm
mit 43% Mill. E., worunter alle Hauptvölkergruppen vertreten sind:
Germanen (besonders im W), Romanen (im S.), Slaven <im
N. und S.), die Gesamtheit der Magyaren (in Ungarn und Sieben-
bürgen). — Die Slaven sind am zahlreichsten, zersplittern sich aber in
Tschechen, Slovaken, Rnthenen, Polen, Serben, Kroaten und Slovenen.
Von weit höherer Bedeutung sind trotz der geringern Zahl die Deut-
scheu, die eigentlichen Träger der Kultur. — Die angestrebte Ger-
manisierung des ganzen Reichs ist leider vollständig mißlungen.
Die Hauptmasse der Bevölkerung ist kath. (ein geringer Bruchteil
davon nniert-kath. x), ein noch kleinerer griechisch-orthodox). Nur etwa
3% Mill. sind ev. — Die Zahl der Inden, an denen besonders
die österreichischen Länder in den letzten Jahrzehnten einen großen
Zuwachs gehabt haben, beträgt über 1% Mill.
Verfassung: Der Donaustaat besteht (nach dem Staatsgrundgesetz
von 1867) aus dem Kaisertum Österreich (im Reichsrat vertretene
Länder) und dem Königreich Ungarn (Länder der ungarischen Krone);
beides untrennbare, erbliche, konstitutionelle Monarchien,
die durch die habsburgisch-lothringische Dynastie und die gemeinsame
Reichsvertretung der Delegationen vereinigt sind.
§. 65. A. Im Reichsrat vertretene Länder.
(1—2 die Donauländer, 3—9 die Alpenländer nebst Dalmatien, 10—14 die Länder
n. der Donau.)
1) Das Erzherzogtum Österreich unter der Enns, die Donauland-
schasten von der Enns bis zur March.
Wieu (l2/5 Mill. E.) Hpt.- und Residenzst. an der Donau, wo
') Griechisch-katholische Christen, die den Papst als ihr Oberhaupt anerkennen.
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Extrahierte Personennamen: Franz_Ii Franz
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Budapest Wien Deutsche
Reich Ungarns Bosnien Ungarn Polen Ungarn Dalmatien Donau Donauland- March Donau
147
betrieben worden war. Die Konkurrenz der niederländischen und engli-
schen Tuche wurde immer drückender. Dagegen wurde die Linnenindustrie
in diesem Zeitraum Deutschlands blühendstes und ergiebigstes Gewerbe.
Die Leinwand wurde für den in tropischen Ländern angesiedelten Euro-
päer ein unabweisbares Bedürfniß. Holland allein konnte dasselbe nicht
mehr befriedigen und holte daher die Ware aus Deutschland. Flüchtlinge
aus Flandern und Brabant hatten in Westphalen bessere Weisen den
Flachs zu bauen und zu brechen eingeführt. Von da verbreitete sich der
Fortschritt nach Sachsen, Böhmen und Schlesien, welches bald das Haupt-
land der Linnenindustrie wurde. Für die Ausfuhr arbeiteten die Metall-
und Waffenfabriken im südlichen Westphalen und in Thüringen. Nürn-
berg blieb in seinen Kurzwaren ohne Nebenbuhler, obgleich sein Handel
sowie die Spedition zwischen dem Norden und Süden abnahmen und
seine sonst lebhaften Verbindungen mit Frankreich mehr und mehr an
Frankfurt übergingen. Die Verfertigung feiner Stoffe und Luxusartikel,
wie Gold- und Silbersachen, Schmuck, in Erz gegossene Gefäße, Holz-
schnitzereien u. s. w., welche in den oberdeutschen Städten kunstreich betrie-
den worden war, wurde durch die in diesen Gegenständen erhöhte Industrie
der Franzosen und Holländer in den Hintergrund gedrängt. Denn
Deutschlands Fürsten und Adel fingen an, die vaterländischen Erzeugnisse
gering zu schätzen und die Befriedigung ihres Luxus im Ausland zu
suchen.
Die deutsche Landwirthschaft ersetzte nicht die Verluste, welche Han-
del und Gewerbe erlitten. Das Feudalwesen lastete auf der Bodenfläche
des deutschen Reiches. Die Heere d§r Landsknechte entzogen dem Land-
bau arbeitende Hände, und die Chroniken berichten von öfterer Hungers-
noth im sechzehnten Jahrhundert. Zu dem Verfall der Wollenmanufakturen
trug auch der klägliche Zustand bei, in welchem sich die meisten Schä-
fereien befanden. Mit der Viehzucht sah es noch am besten in den nie-
derdeutschen Küstenländern aus. Auch der deutsche Bergbau ging seit
der Entdeckung Amerikas zurück. Die Einfuhr aus der neuen Welt drückte den
Werth der edlen Metalle, und die Kosten der Gewinnung wurden zu theuer.
Aus dem Kirchenstreite ging Deutschland zerspalten und geschwächt Dicdcuuchc
hervor; das schadete dem Volksthum und dem Selbstgefühl der Deut- li^wfuntbu
sehen. Deutsche Art erhielt sich mehr bei den Evangelischen, als bei den imiten^er
Katholiken. Der Geist der Kirche war mächtiger als das deutsche Na- verschiedenen
tionalgehghl, auch schadete diesem die Verbindung der Katholiken mit
Spanien und der Protestanten mit Frankreich. Das deutsche Volk trennte
sich durch den Kirchenstreit in Anhänger des alten und des neuen Glau-
bens, die letzteren zerfielen mit einander, der Deutsche bekämpfte mit
bitterem Haß den Deutschen, das vaterländische Gefühl verkehrte sich in
kirchliche Streitsucht, und Deutschland drohte in dem fürchterlichen drei-
ßigjährigen Krieg in Schutt und Trümmern zusammenzustürzen. Aus
der Verwüstung dieses Krieges ging kein kräftiges und stolzes Volk her-
vor; das deutsche Volk hatte Schaden genommen an seinem Heiligsten,
an Eintracht und Vertrauen, es war mit Ausländerei in Sitte und
Sprache geimpft, es hatte seinen Humor, seinen Gesang eingebüßt, seine
Sprache in ein buntscheckiges Gemisch verkehren lassen. Die Fülle des
Erwerbs und Wohlstandes, die frohe Thätigkeit eines zahlreichen selbstän-
10*
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Flandern Brabant Sachsen Schlesien Thüringen Frankreich Frankfurt Deutschlands Amerikas Deutschland Deut- Spanien Frankreich Deutschland
Autor: Dittenberger, Theophor Friedrich, Nägele, Franz Karl
Auflagennummer (WdK): 4
Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
Schultypen (WdK): Gymnasium
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
Vereinigte Staaten von Nordamerika. 575
(der 1760 den Blitzableiter erfunden hatte) als Gesandter des
neuen Staats auftritt, sichert die Freiheit desselben. Von va an
erheben sich die Staaten in ihrer neuen Verfassung. Es kommen
Vermont, Kenlucki, Tcnesse und Ohio 1790—1804 hinzu. Große
Wildnisse werden urbar gemacht, die Städte vergrößern sich und
1800 finden sich schon 5,300,000 Einwohner: Lulsiana wird 1803
von den Franzosen für 28 Mill. Gulden erkauft, und der Bund
vergrößert sich durch die neuen Staaten Luisiana, Missisippi, Ala-
bama und Missuri, und später durch Maine, Illinois und India-
na. Columbia, zu Ehren des Entdeckers, gestaltet sich als Di-
strikt, Mtschigan, Missouri, Arkansaö und später Orcgan und Flo-
rida als Gebiete. Im Kriege 1812 verbrennen die Engländer z. Th.
die Bundcsstadt Washington. Friede 1814 zu Gent. Das Land,
welches 1603 mit 155 Eolonisten begann, zählt nun 31 Staaten
und Gebiete, vermehrt seine Einwohnerzahl auch durch neue An-
siedler, und die Cultur des Bodens, sowie Handel und Schiff-
fahrt im Innern und nach Außen machen reißende Fortschritte.
b. Gegenwärtiger Zustand.
Die vereinigten Staaten von Nordamerika liegen vom
253—3110 und 24—52" 20/ n. Br. Grenzen: im N. Neu-
schottlaud, Canada und russ. Wcstländer, im O. atlantisches Meer,
im S. mexikanischer Meerbusen, im W. Ncu-Mexikv und stilles
Weltmeer. — Flächeninhalt: über 112,000 lum. und über 13
Mill. Einw., worunter über 2 Mill. Negersclaven, 7,800,000 Brit-
ten , 880,000 Deutsche und. Schweizer, die übrigen Niederländer,
Franzosen, Schweden, Italiener, Spanier und 5,900 Juden sind.
— Ureinwohner oder Indianer etwa 4—500,000 in mehr als
50 Völkerschaften, Stämmen und Horden. Mehrere davon sind
kultivirt, besitzen Ortschaften, treiben Ackerbau und Viehzucht,
und haben das Christenthum angenommen, andere leben von
Jagd und Fischerei, berauben auch wohldie benachbarten Gegenden.
Die englische und deutsche Sprache, und allgemeine Reli-
gionsfreiheit finden sich überall. — Es giebt 67 religiöse Be-
kenntnisse und Sekten: z. B. Presbyterianer, Katholiken 500,000
(mit 1 Erz- und 7 Bischöfen), Protestanten, Independenten,
Englisch-Bischöfliche, Baptisten 224,000, Quäckcr 200,000, Me-
thodisten 2,600,000, Unitaricr, Socinianer, Herrnhuter, mähri-
sche Brüder, Mennonitcn 120,000, Zitterer 5000, Harmoniten
(von G. Rapp aus Würtcmberg 1785 gestiftet) rc. Die Indianer
sind größtcntheils Schamanen. — Es sind 64 höhere Schulen
(Universitäten, Collegieu und Seminare), mehrere gelehrte u. a.
Gesellschaften, 2 Kunstakademien, 1 Militärschule, mehrere Bib-
liotheken, Kunst- und Naturalicnsammlungcn, 25 Schauspiel-
häu>er und etwa 800 Tageblätter vorhanden.
Der Ackerbau, Wein- und Plantageubau breiten sich wei-
ter aus. Die Industrie hebt sich immer mehr, noch sind aber
die Fabriken nicht hinreichend. Der Handel ist im Innern durch
Seen, Flüsse, Canäle, Landstraßen, Eisenbahnen,^Dampfboole
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Ortsnamen: Nordamerika Kenlucki Ohio Luisiana Maine Illinois Columbia Missouri Washington Nordamerika W._Ncu-Mexikv Schweden Würtcmberg Canäle
49. Philipp El und die Niederlande. 199
der Halbinsel gelegene Madrid machte er zu seinem Herrschersitz. Indem Die Spanier das er vor allem in den obersten mtern Kastilianer verwandte, mit spanischen ^err Truppen die Statthalter in Italien und in den Niederlanden umgab,
wurde durch ihn dieses stolze, glaubenseiftige, infolge seines Kriegsglcks und seines Waffenhandwerks auf ftiedlichen Erwerb herabsehende Volk die herrschende Nation innerhalb des weiten Reiches. Den heiligen Boden" ihres Landes befreite er nach Mglichkeit von dem Gift des Unglaubens". Die spanischen Protestanten wurden durch das Glaubens-gericht vertilgt, die Moriskos, die fleiigen Nachkommen der unter- Diemoriskos. worfenen Mauren, durch harte Behandlung zum Aufstand getrieben und dann zum Teil aufgerieben (15681570). Darauf fuhr Don Juan d'austria, ein unebenbrtiger Sohn Karls V., mit einer Flotte gegen die Trken aus, der die er bei Lepauto (Naupaktus) einen herrlichen Sieg davontrug (1571). Nach dem Tode des letzten portugiesischen Knigs epcm 0 (1580) machte er, als Sohn der ltesten Tochter Emannels des Groen, Erbansprche auf jenes Land geltend und nahm es in Besitz. Ebenso rang er, als Vorkmpfer der europischen Gegenreformation Haupt aller katholischen Parteien, nach den Kronen von Frankreich und England.
2. Aufstand der Niederlande. Die Niederlande^) setzten sich aus Allgemeine Ber-17 Provinzen zusammen. An der Spitze derselben walteten Statthalter,
die unter einem Generalstatthalter standen. Das Amt eines solchen hatten Frauen des Habsburgischen Hauses inne, so damals Margarethe von Parma, eine Tochte Karls V. Die Landtage der einzelnen Land-schaften besaen von alters her bedeutende Sonderrechte. Vertreter smt-licher Landstnde wurden unter Philipp Ii. zu den Generalstaaten vereinigt. Noch immer blhten Handel und Gewerbe in den Nieder-landen, wenn schon Karl V. die Geldmittel seines Geburtslandes, seines wahren Indiens", zu sehr in Anspruch genommen hatte. Tausende muten um ihrer Zuneigung zur neuen Lehre willen das Leben lassen,
Tausende ins Elend ziehen. Da nun dennoch die kalvinistische Partei immer mehr an Boden gewann, Philipp Ii. aber wie die Ketzerei so auch die politischen Vorrechte vernichten wollte, wurde Adel und Brgertum von einer heftigen Erregung ergriffen.
a. Die Bewegung gegen die spanischen Manahmen (15591567). Die Ursachen zur Stnde grollten, weil noch immer spanische Truppen vom letzten Franzosen- nju nc en eit' kriege her im Lande standen, der Adel murrte wegen der von Philipp angeordneten Vermehrung der Bistmer; auch war ihm der ans einer brgerlichen Familie entsprossene Bischof von Arras, Granvella, der, zum Erzbischof von Mecheln erhoben, der eigentliche Leiter des Aus-
l) Die Niederlande (ohne die Freigrafschaft) wurden damals von vielleicht drei Millionen Menschen bewohnt (jetzt wohnen auf demselben Rume elf Millionen), Spanien von zehn, Frankreich von zwlf Millionen. Zwei Drittel von den drei Millionen waren Niederdeutsche (Friesen, Hollnder, Vlamen).
hltnisie.
Erregung im Lande.
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Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Madrid Italien Niederlanden Frankreich England Niederlande Arras Mecheln Spanien Frankreich
200 Rmische Geschichte.
Corpus juris arbeitnug und Zusammenfassung des rmischen Rechts (im corpus juris), 529 und 534. $a|j:er Justinian I. (527565) im ersten Drittel des 6. Jahr-Hunderts von hervorragenden Rechtsgelehrten (darunter Tribonian) vornehmen lie. Vom rmischen Reiche bernahm auch das Papsttum den Gedanken und den Anspruch der Weltherrschaft.
Bedeutung des Roms Bedeutung fr die Entwicklung der Menschheit kommt der
on Hellas gleich, aber auf anderen Gebieten:
lung dermensch- ^ Die Rmer waren die Lehrmeister der Völker auf dem Gebiete der Politik und Verwaltung;
2. desgleichen lange Zeit auf dem des Rechts. Zur Zeit Luthers wird das rmische Recht in Deutschland eingefhrt, wo es in einigen Landschaften teilweise noch bis zum I. 1900 gilt;
3 a. sie haben den Westen Europas der Kultur zugefhrt und die Entstehung neuer Völker bewirkt (der romanischen: Franzosen mit Wallonen, Spanier, Portugiesen, Italiener, Ladiner, Rumaunschen, Furlauer und Rumnen);
3b. das Lateinische ist lange Zeit alleinige Kirchensprache, bis auf Ludwig Xiv. auch die der Staatsmnner, bis ins 18. Jahrhundert Gelehrtensprache des Abendlandes;
4. der von ihnen verwirklichte Gedanke der Einheit aller Kulturvlker am Mittelmeer blieb erhalten und wurde zu dem der Christenheit erweitert. Folgen: Rmisches Kaisertum deutscher Nation und Papst-tum.
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